GIP News • 14.01.2021

Ambulante Intensivpatienten finden in COVID-19-Impfstrategie keine Berücksichtigung

Corona-Impfchaos in Deutschland: Ambulante Intensivpflege mit Hochrisikogruppe außen vor!

Nach IPReG folgt nun fehlende Impfpriorisierung von Patientinnen und Patienten in der außerklinischen Intensivpflege

Der deutsche Impfplan mit Priorisierung der Hochrisikopersonen wirft Fragen auf

Deutschland impft gegen das Coronavirus. Die Zahl der Hochrisikopersonen, die eine erste Impfung erhalten haben, steigt, wenn auch in kleinen Schritten. Das ist gut, das ist wichtig, denn bei jedem dieser Menschen geht es im Falle einer COVID-19-Erkrankung um Leben und Tod. Um gerade die besonders Gefährdeten, die sogenannten vulnerablen Gruppen, schnellstmöglich vor dem gefährlichen Coronavirus zu schützen, wird in Deutschland bei den Corona-Impfungen aktuell priorisiert. So sollen die Impfungen in Deutschland, dieser Eindruck soll sicherlich vermittelt werden, nachvollziehbar und nach Plan ablaufen. Das Fehlen eines Plans war schließlich schon häufiger im Kontext der Corona-Pandemie kritisiert worden.

 

Ein Plan, wie in diesem Falle die Priorisierung, ist allerdings nur dann gut, wenn er einerseits rechtssicher ist, was möglicherweise nicht der Fall ist. Und, wenn er auf der anderen Seite auch tatsächlich alle Bürger*innen in unserem Land gleichermaßen berücksichtigt. Priorisierung der Hochrisikopersonen würde dann bedeuten, dass auch tatsächlich alle Bürger*innen mit einem hohen Risiko für einen schweren oder gar tödlichen Verlauf bei einer COVID-19-Erkrankung so zeitnah wie möglich die Chance auf eine Impfung erhalten. Ist das so?

 

Lückenhafte Impfstrategie für die ambulante Pflege: Ambulant versorgte schwer- und chronisch Kranke vergessen?

Daran haben viele schwer- oder chronisch-kranke Patient*innen, die sich etwa für die außerklinische Intensivpflege als individuelle Form der Pflege entschieden haben, so ihre Zweifel. Zurecht? Durchaus, denn sie werden bisher in der Priorisierung der Corona-Impfungen sowie in der damit verbundenen Strategie zur Durchführung der Impfungen nicht explizit berücksichtigt. Ähnliches gilt für die vielen anderen zu Hause lebenden und von Angehörigen versorgten pflegebedürftigen Menschen.

 

Warum werden die Pflegebedürftigen in der stationären Pflege in der Impfpriorisierung explizit genannt, die Pflegebedürftigen in der ambulanten Pflege hingegen nicht berücksichtigt? Es dürften verschiedene Gründe eine Rolle spielen.

 

Fokus der Politik liegt auf der stationären Pflege

Wirft man einen Blick auf die aktuelle Pflegepolitik in Deutschland kann man zumindest in der Intensivpflege einen klaren Fokus auf die stationäre Pflege erkennen. So wurde 2020 trotz massiver Proteste von Betroffenen das umstrittene Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz (IPReG)verabschiedet und so die ambulante Intensivpflege geschwächt. Dieser Fokus auf die stationäre Pflege scheint sich nun auch bei der Priorisierung der Impfungen in der großen Gruppe der Pflegebedürftigen fortzusetzen und das nicht nur in Bezug auf die Betroffenen in der außerklinischen ambulanten Intensivpflege.

 

So beklagt der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa) ganz allgemein eine fehlende Impfstrategie für die ambulante Pflege und die dort betreuten pflegebedürftigen Menschen. Während für Impfungen in stationären Pflegeeinrichtungen vielerorts mobile Impfteams aufgestellt wurden, sollen sich ambulant betreute pflegebedürftige Menschen selbstorganisiert in Impfzentren impfen lassen. Eine Zumutung für viele, häufig nur eingeschränkt mobile Betroffene, wie zahlreiche Erfahrungsberichte aus den vergangenen Wochen zeigen.

 

Dünne Datenlage für COVID-19-Impfempfehlung

Die Priorisierung der Corona-Impfungen in Deutschland basiert zudem fast vollständig auf einer Empfehlung der STIKO, der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch Institut. Für ihre COVID-19-Impfempfehlung hatte die STIKO zahlreiche Daten und Studien zum Krankheitsverlauf bei verschiedenen Personengruppen ausgewertet und daraus die Priorisierung abgeleitet. Das Problem: Nur bei Faktoren wie z. B. Vorerkrankungen oder Alter und Vorerkrankungen für die auswertbare Daten vorlagen, konnte auch eine Priorisierung vorgenommen werden.

 

Keine Daten, keine Relevanz, keine Priorisierung, keine schnelle Impfung. Das kennen Patient*innen mit seltenen Erkrankungen, von denen zahlreiche in der außerklinischen Intensivpflege versorgt werden, auch aus anderen Kontexten nur zu gut. Und so werden sie, wenn die Priorisierung der Corona-Impfungen in Deutschland nicht noch einmal angepasst wird, wohl aufgrund von Impfchaos und mangels Daten zu ihrem Risiko noch eine ganze Weile auf eine Impfung, z. B. in ihrer Altersklasse warten müssen.

 

Deutliche Kritik von den Betroffenen: 3 Millionen Pflegebedürftige fallen einfach unter den Tisch!

Viele Betroffene sind daher zurecht stinksauer. Darunter auch Katrin Fillinger:"Und leider hat Herr Spahn schon wieder die Gruppe derer vergessen, die Zuhause gepflegt werden und diese Gruppe ist groß. Und ich gehöre leider dazu. Nur ein Viertel der über vier Millionen deutschen Pflegebedürftigen lebt in Heimen, der Rest wird zu Hause betreut, so wie ich und wird von ihren Liebsten und ambulanten Pflegediensten Zuhause versorgt. Sprich 3 Millionen Pflegebedürftige werden Zuhause versorgt. 3 Millionen. Und die fallen einfach unter den Tisch. Es kann doch nicht sein, dass sich wirklich niemand um diese Gruppe und ihre Angehörigen kümmert? Schon gar nicht beim Thema Impfen. Es gibt keinerlei Strategie und das macht mich wütend."

 

Diese Kritik ist schweifelsfrei richtig! Höchste Zeit also, sowohl die Priorisierung, als auch die Strategie der Corona-Impfungen in Deutschland anzupassen und vom Kopf auf die Füße zu stellen!

COVID-19-Impfungen und ambulante Pflege: Unsere Quellen ...

Mitteilung der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut: Beschluss der STIKO zur 1. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung, STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung, Aktualisierung am 8. Januar 2021 (PDF, abgerufen am 12.01.2021 unter: https://www.rki.de/DE/)

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