Job News • 12.01.2022

Corona-Impfpflicht in der Pflege: Pflegenotstand droht Eskalation

Pflege-Impfpflicht wird weiteren Versorgungsnotstand zur Folge haben

GIP-Geschäftsführer Marcus Mann spricht Klartext zu den Folgen einer Impfverpflichtung für Pflegekräfte

 

Während man in Deutschland aktuell noch über eine allgemeine Impfpflicht gegen das Corona-Virus diskutiert und wir von der Omikron-Welle überrollt werden, ist die Impfpflicht für die Gesundheits- und Pflegebranche bereits beschlossene Sache. Ab 16. März 2022 dürfen in Kliniken, Pflegeheimen und bei ambulanten Pflegediensten nur noch Menschen arbeiten, die gegen das Coronavirus geimpft sind, einen aktuell gültigen Genesenennachweis haben oder ein ärztliches Attest vorweisen können, das ihnen bescheinigt, dass eine Impfung gegen Covid-19 aus medizinischen Gründen nicht möglich ist.

Impfverpflichtung per Salamitaktik

Die Zeit rennt. Noch neun Wochen, bis sich zeigen wird, in welche Eskalationsstufe des Pflegenotstands uns diese politische Entscheidung stürzen wird. Vordergründig scheint diese für viele plausibel, besonders für den Laien, obschon eigentlich klar sein dürfte, dass nicht die Pflegekräfte unter uns die Pandemietreiber 2021 waren und es auch im Jahr 2022 nicht sein werden. Warum stellt man also eine ohnehin schon geschundene Berufsgruppe in den Mittelpunkt einer Impfverpflichtung? Um sie dann wieder als Helden zu feiern? Oder testet man vor der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht im Rahmen der Salamitaktik einmal was geht und wie weit man gehen kann?

 

Überzeugen statt zwingen

Ich persönlich bin geimpft, sogar geboostert und bin für mich der Meinung, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Aber das war eine persönliche Entscheidung. Zwang hilft aus meiner Erfahrung in den meisten Bereichen weitaus seltener, als jemanden von etwas zu überzeugen. Hier haben die Politik und ihre Kommunikationsinstrumente klar und auf ganzer Linie versagt. Um dieses Versagen zu kompensieren, folgt nun eine Impfpflicht für die Pflege?

 

So machen wir Pflege besser?

Desinformation und eigenes Versagen in einer Zwangsmaßnahme für eine ganze Berufsgruppe münden zu lassen, das ist doch mal einen Applaus der Pflege an die Politik wert! Denn diese hat sicher in ihrer „Strategie für die Pflege“ für 2022 einkalkuliert, dass durch einen Impfzwang noch mehr Unruhe und Unmut im Bereich der Pflege eintreten wird, lautet doch das politische Motto für die kommenden Jahre „Schritt für Schritt - So machen wir Pflege besser…“. Ich muss sagen, dass ich diesen Schritt stark bezweifle, vor allem in einer Zeit, in der unsere Gesellschaft mehr denn je auf Pflege angewiesen ist.

 

Mit dem „Sofortprogramm Pflege“ will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) 2022 neue Stellen in der Pflege schaffen. Dieses Ziel wird das BMG mit einem Impfzwang für die Pflege erreichen, das ist sicher, denn es wird Pflegekräfte geben, die sich von ihrem Beruf abwenden werden und dann ebenso in der Pflege fehlen. Dabei geht es bereits jetzt kaum darum, neue Stellen in der Pflege zu schaffen, sondern vielmehr darum, offene Stellen zu besetzen. Es fehlt nämlich nicht an Stellen oder Betten, sondern bereits jetzt an Menschen, die den Pflegeberuf ausüben möchten.

 

Ungeimpfte Pflegekräfte melden sich arbeitssuchend

Tatsächlich gibt es keine genauen Zahlen und Erhebungen über eine Impfquote bei Pflegekräften, die sicher aber auch von Bundesland zu Bundesland variiert. Nach Schätzungen des RKI (Robert Koch Institut) lag die Impfquote vor der politischen Entscheidung der Einführung einer Impfpflicht für die Pflege in Pflegeeinrichtungen bei 88,8 Prozent, beim medizinischen Personal bei 90,2 Prozent (Erhebungszeitraum 15.09. bis 18.10.21). Im Vergleich dazu sind in Deutschland derzeit rund 80 Prozent der Über-18-Jährigen bis 60-Jährigen vollständig geimpft. Starke Abweichungen vom Durchschnitt gibt es dabei vor allem in Sachsen und Thüringen (vgl. zdf.de). Vor allem hier melden sich bereits jetzt ungeimpfte Pflegekräfte arbeitssuchend oder suchen im Netz nach Alternativen nach dem Ausstieg aus der Pflege.

 

Erheblicher Versorgungsnotstand droht

Die erst noch eintreffende Vollendung der Zwangsmaßnahme, die in behördlichen Anordnungen und einer Art „Berufsverbot“ enden wird, wird die Situation vor allem hier noch verschärfen. Viele sonst sehr engagierte Pflegekräfte werden der Pflege den Rücken zukehren. Das sehen auch Patientenvertreter kritisch. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnt eindringlich vor Personalflucht.

 

Sollten sich etwa, wie es in Großbritannien beobachtet wurde, nur zehn Prozent der aktuell rund 1,77 Mio. Beschäftigten in der Gesundheits- und Krankenpflege (vgl. statista.com) nicht impfen lassen, könnten hier allein auf einen Schlag rund 170.000 Beschäftigte mehr fehlen, als sie es jetzt schon tun. Menschen also, die die Pflege unserer Mitmenschen in Pflegeheimen oder auch in der ambulanten Pflege heute noch versuchen sicherzustellen und Menschen, die in den Krankenhäusern Patienten versorgen – auch auf den Intensivstationen, wo Corona-Patienten mit schweren Verläufen behandelt werden und die bereits jetzt überlastet sind, sodass tatsächlich z.T. Triage-Entscheidungen getroffen werden müssen.

 

Eskalation des Pflegenotstands ist vorprogrammiert

Halte ich mir dieses Szenario vor Augen, kann ich nur noch den Kopf schütteln. Eine für den Laien augenscheinlich plausible Entscheidung der Einführung einer Impfpflicht für die Pflege wird zu einer wahren Farce und klaren, politischen Fehlentscheidung, aus der sich ein erheblicher Versorgungsnotstand ergeben wird, womit eine Eskalation des Pflegenotstands vorprogrammiert ist.

 

Doch nicht nur das. Worüber kaum jemand ein Wort verliert, ist, dass all die Pflegekräfte, die sich nicht maßregeln lassen wollen und ein Zeichen setzen, ohne Lohnfortzahlung dastehen, im Zweifel nach zwei Monaten nicht mehr sozial- und krankenversichert sind und ggf. auch keine Ansprüche auf ALG I oder II haben.

 

 

Wir starten also mit einer wahren Glanzleistung unserer Politik nicht nur in ein neues Corona-Jahr, sondern in ein Jahr, in dem die Pflege einen wahren Zusammenbruch erleiden wird. Beides zusammen ist kein gutes Omen. Möge wer auch immer uns beistehen…

 

Marcus Mann, Geschäftsführer

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