Job News • 18.01.2023

Die ersten Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner machen ihren Abschluss

Die Generalisten kommen: Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner bringen weiten Blick in die Pflege

Die generalistische Pflegeausbildung zwischen Corona-Härten und dem ersten Abschluss-Jahrgang

Ausbildung während der Corona-Pandemie

Die ersten Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner machen demnächst ihren Abschluss. Sie bringen frischen Wind in die Pflege, denn mit der neuen generalistischen Ausbildung wurde die Pflegeausbildung ganz neu gedacht. Mit mehr Einsatzmöglichkeiten und späterer Spezialisierung soll sie gerade für Jüngere attraktiver werden.

Die Ausbildungszeit der ersten Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner war vor allem durch die Härten der Corona-Pandemie geprägt. Zwischen Lockdown, einrichtungsbezogener Impfpflicht, kranken Kollegen, Personalnot und besonderer Arbeitsbelastung lernten die Pflegeschüler den schönen aber auch harten Pflegeberuf kennen.

 

Langer Anlauf

Der Weg in die Generalistik war lang. 15 Jahre diskutierte Deutschland über eine Reform der Pflegeberufe, während sich die Personalknappheit in der Pflege immer weiter verschärfte. Erst 2017 verabschiedete der Bundestag das neue Pflegeberufegesetz. 2020 startete dann die neue Ausbildung auch in der Praxis.

Wir stellen Euch vor, was die neue Ausbildung anders macht und wo Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner durch ihre generalistischen Kompetenzen in der Pflege punkten können.

Was macht die neue, generalistische Pflegeausbildung aus?

Eine statt drei Ausbildungen

Die generalistische Pflegeausbildung setzt andere Schwerpunkte als die zuvor getrennten Ausbildungen in der Altenpflege und Krankenpflege. Das neue Pflegeberufegesetz bringt diese vorher getrennten Pflegeausbildungen zusammen.

 

Der Pflegeprozess im Mittelpunkt

Die klassische Krankheitslehre verliert in der neuen Ausbildung an Bedeutung. In den Fokus rückt stattdessen die Gestaltung des Pflegeprozesses. Anhand von Pflegesituationen und Fallbeispielen lernen die Auszubildenden, Pflege zu planen, zu evaluieren und zu reflektieren. Das erfolgt in drei sogenannten Settings:

  • stationäre Langzeitpflege
  • ambulante Pflege
  • Krankenpflege.

Diese neue Herangehensweise stellt die Pflegefachfrauen und -männer vor große Herausforderungen, denn die gelernte Herangehensweise müssen sie später im Berufsalltag auf verschiedenste Situationen und Krankheitsbilder anwenden.

 

Ethische und kommunikative Aspekte der Pflege

Nicht nur der Pflegeprozess gewinnt in der neuen Pflegeausbildung an Bedeutung, auch ethische und kommunikative Themen spielen eine wichtigere Rolle in allen Bereichen der Ausbildung.

 

Mehr Zeit für Einsätze und Anleitung

Damit angehende Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner gut in ihren zukünftigen Beruf hineinwachsen können, enthält die neue Ausbildung mehr Zeit für Einsätze und Anleitung.

  • Praxisanleiter müssen die Auszubildenden mindestens 10 Prozent der Einsatzzeit begleiten und das in jedem Einsatz.
  • Im Rahmen der neuen Pflegeausbildung gibt es acht längere Einsätze in allen Bereichen. Akutpflege: 400 Stunden. Stationäre Altenpflege: 400 Stunden. Ambulante Pflege: 400 Stunden. Psychiatrie: 160 Stunden. Pädiatrie: 60 bis 160 Stunden. Im ersten Ausbildungsjahr werden die Azubis nur in ihrem Vertiefungsbereich eingesetzt.
  • Zusätzlich erhalten sie in jedem Einsatz einmal Besuch von den Pflegepädagogen, die sie ausbilden, um Pflegeschule und Praxis besser miteinander zu verknüpfen - pflegerische Tätigkeiten, die die Azubis noch nicht gelernt haben, sollen sie auch nicht übernehmen.

 

Vertiefungseinsatz möglich

Die neue dreijährige Pflegeausbildung enthält zwei Jahre gemeinsame, generalistische Ausbildung. Im dritten Ausbildungsjahr kann die generalistische Ausbildung fortgeführt werden oder ein vorher festgelegter Vertiefungseinsatz z. B. in einem Pflegeheim oder in der Pädiatrie absolviert werden. Nach dreijähriger generalistischer Ausbildung steht ein Abschluss als Pflegefachfrau oder Pflegefachmann, ein Vertiefungseinsatz ermöglicht alternativ den Abschluss als Altenpfleger oder Kinderkrankenpfleger.

 

Mehr internationale Möglichkeiten

Mit der neuen Pflegeausbildung entspricht Deutschland endlich der EU-Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Pflegefachfrauen und Pflegefachmännern können künftig in allen EU-Ländern arbeiten und das ganz ohne langwierige Anerkennungsverfahren.

Statusbericht generalistische Pflegeausbildung

Aufwendige Vorbereitung

Der Start in die neue Pflegeausbildung war schwierig. Der Aufwand für die Träger und die Lehrenden in der Pflege war gleichermaßen enorm. Lehrpläne mussten völlig überarbeitet, Unterrichtsinhalte neu konzipiert und Einsätze neu organisiert werden.

 

Mehr begonnene Ausbildungen

Der Schritt weg von den getrennten Pflegeausbildungen und hin zur Generalistik sollte den Pflegeberuf wieder attraktiver machen. Das scheint trotz Corona-Pandemie und Pflegekräften am Limit gelungen. 2021 starteten rund 56.300 Auszubildende eine Ausbildung in der Pflege. Im Vergleich zu 2020 waren das 5 Prozent mehr begonnene Ausbildungen.

 

Im Vergleich hohe Vergütung

Gleichzeitig wurde auch die Finanzierung der Pflegausbildung geändert. Sie wird nun über einen gemeinsamen Fonds finanziert. Die vorher teilweise üblichen Schulgelder entfallen. Alle Auszubildenden bekommen eine im Vergleich zu anderen Ausbildungen hohe Ausbildungsvergütung.

 

Positives Feedback von den Pflegeschülern

Die Pflegeschüler selbst loben ihre generalistische Ausbildung. Den weiten Blick und die abnehmende Bedeutung von spezifischen Inhalten sehen sie positiv. Sie gehen davon aus, dass sie durch den neuen Ansatz und den stärkeren Fokus auf den Pflegeprozess in vielen Bereichen bessere Lösungen werden finden können. Verbesserungsbedarf gebe es noch bei der Verteilung der Einsatzstunden. Hier sollten alle Bereiche der Pflege gleich berücksichtigt werden. Die Psychiatrie und auch die Versorgung von Neugeborenen kämen bei der aktuellen Generalistikausbildung noch zu kurz.

 

Kritik aus verschiedenen Bereichen der Pflege

2025 soll die neue Pflegeausbildung erstmalig evaluiert werden. Aber schon jetzt gibt es Kritik von verschiedenen Seiten.

So befürchten manche Kinder- und Jugendmediziner, dass die generalistische Pflegeausbildung dazu führe, dass immer weniger Pflegekräfte in der Kinderheilkunde arbeiten werden. Eine Petition zur "Rückkehr zur Kinderkrankenpflegeausbildung" konnte binnen weniger Wochen über 120.000 Unterzeichnende gewinnen.

Auch in der Altenpflege gibt es Befürchtungen, dass sich die Generalisten zukünftig eher für häufig besser bezahlte Stellen in Kliniken interessieren werden, als für die Arbeit in der Altenpflege.

Auch aus der außerklinischen Intensivpflege kommt Kritik an der Abschaffung der bisherigen Spezialisierung. Die breite, weniger in die Tiefe gehende Ausbildung könnte bereits direkt nach Abschluss der Erstausbildung umfangreiche Nachschulungen und Zusatzqualifikationen notwendig machen, damit das Niveau der bisherigen Ausbildungen oder auch eine Befähigung für Spezialbereiche der Pflege erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang stelle sich auch die Frage der Finanzierung.

 

Befürworter: Generalistik alternativlos

Befürworterinnen und Befürworter wie Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats (DPR), sehen den Umstieg auf die Generalistik allerdings nach wie vor als alternativlos. Im internationalen Vergleich sei Deutschland mit seinen getrennten Ausbildungsgängen abgehängt gewesen. Durch die Generalistik könnten Pflegekräfte künftig einfacher zwischen pflegerischen Versorgungsgebieten wechseln und auch leichter eine Tätigkeit im Ausland aufnehmen.

Allerdings erfordere das, darauf weisen andere Experten hin, geregelte Fort- und Weiterbildungen.

Ausblick

Wo werden die Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner tatsächlich arbeiten? Wird es Gewinner und Verlierer unter den verschiedenen Bereichen der Pflege geben? Wandern Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner eventuell verstärkt in andere EU-Länder ab, weil die Arbeitsbedingungen oder der Verdienst dort attraktiver sind? All das wird die Zukunft zeigen.

Allerdings ist auch den angehenden Pflegekräften klar, dass sich die aktuellen Probleme in der Pflege in Deutschland nicht über Nacht beseitigen lassen. Vor allem der Fachkräftemangel wird für die ersten Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner in der Pflege eine starke Belastung sein.

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