GIP News • 17.12.2019

GIP-Klartext zur Neufassung des Referentenentwurfs IPReG, vormals RISG

Aus RISG wird jetzt IPReG – sonst ändert sich fast nix!

Gesetz zur Stärkung von intensivpflegerischer Versorgung und medizinischer Rehabilitation in der gesetzlichen Krankenversicherung (Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz – GKV-IPREG)

Mit IPReG, vormals RISG, stellt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die häusliche Intensivpflege nunmehr unter einen Kosten- und Unzumutbarkeitsvorbehalt. Es soll zukünftig im Einzelfall über das Schicksal der Betroffenen entschieden werden – durch den Kostenträger!

Nach fast vier Monaten Protest und wenig klaren Worten war es am Donnerstag, den 5. Dezember 2019 überraschend, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in der Nacht zu Freitag, dem 6. Dezember mit einem geänderten Referentenentwurf des Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz (kurz RISG) daherkam...wie der Nikolaus, heimlich, über Nacht und leise. Wobei man dies genau so bereits im Sommer getan hatte, was ein gewisses Maß an Taktik vermuten lässt.

 

Aus RISG wird IPReG und aus dem Vorrang der stationären Unterbringung ein Kostenvorbehalt

 

Unter dem Deckmantel eines neuen Namens – aus dem ehemaligen RISG (Rehabilitations- und Intensivpflegestärkungsgesetz) wird nun IPReG (Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz) – scheint das Bundesgesundheitsministerium den Protesten der Betroffenen vermeintlich nachzugeben. Doch der erste Schein trügt.

 

Der vorab im RISG verankerte Vorrang einer stationären Versorgung wurde so zwar gestrichen, die häusliche Intensivpflege dafür aber unter einen Kostenvorbehalt gestellt. Im Klartext: Der Wunsch nach einem Leben in der eigenen Häuslichkeit der Betroffenen soll zukünftig zwar berücksichtigt werden, entscheiden soll über die Art der Versorgung aber die Krankenkasse. Die Bewilligung einer häuslichen Intensivpflege erfolgt im Rahmen einer Einzelfallentscheidung unter dem Vorbehalt, dass eine Selbstbestimmung und Teilhabe des Betroffenen am sozialen Leben möglich ist oder aber eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung aus persönlichen Gründen unzumutbar ist.

 

Das Wahlrecht der Betroffenen und auch ihr Recht auf Selbstbestimmung werden somit weiterhin massiv eingeschränkt. Außerdem steht eines fest: Die Kostenträger werden nie ausschließlich im Sinne der Betroffenen entscheiden. Vielmehr werden Kostenabwägungen ihre Entscheidung maßgeblich beeinflussen. Bei Negativentscheidungen gegen den Willen der Betroffenen und den ihrer Angehörigen sind somit rechtliche und kräftezehrende Auseinandersetzungen mit den Kostenträgern vorprogrammiert.

 

Bestandsschutz für aktuell Betroffene und Angemessenheitsregelung für die Zukunft

 

Einen kleinen Erfolg im Kampf gegen RISG können zumindest aktuell Betroffene verzeichnen, denn für alle, die bereits heute intensivpflegerisch im eigenen Zuhause versorgt werden, ist gemäß IPReG nun ein Bestandsschutz vorgesehen. Sie können in ihrem vertrauten Umfeld bleiben.

 

Für Betroffene der Zukunft gilt allerdings die Angemessenheitsregelung: Also eine Einzelfallentscheidung seitens der Kostenträger, bei der die soziale Teilhabe am Leben maßgeblich sein soll. Die „Begutachtung“ der Betroffenen soll voraussichtlich der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) übernehmen. Dieser hat allerdings hinsichtlich einer Einschätzung der gesellschaftlichen Teilhabe überhaupt keine Erfahrung. Zudem wird die Definitionshoheit darüber, wann soziale Teilhabe für einen Betroffenen möglich ist, in die Hand staatlicher Institutionen gelegt. Hierbei bleibt die Frage, ob soziale Teilhabe überhaupt definierbar ist und, ob nicht alle Menschen ein Recht auf Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben haben sollten, unabhängig davon, wie diese im Einzelfall und den individuellen Bedürfnissen entsprechend aussieht.

 

IPReG verstößt weiterhin gegen Grundrechte und UN-Behindertenrechtskonvention

 

Trotz massiver Proteste am vorangegangenen Gesetzesentwurf (RISG) hat das Bundesgesundheitsministerium einen neuen Entwurf, das IPReg, erarbeitet, das Menschen mit Behinderungen, die einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Versorgung haben, nach wie vor deutlich schlechter stellt. Nicht die Betroffenen selbst, sondern die Kostenträger sollen zukünftig darüber entscheiden, wo die notwendige Intensivpflege stattfindet – ob im eigenen Zuhause, einer WG oder in einer kostengünstigeren stationären Einrichtung. Dies stellt nach wie vor einen massiven Eingriff in die Selbstbestimmung der Betroffenen und damit in ihre Grundrechte dar. Auch verstößt der überarbeitete Entwurf weiterhin klar gegen Artikel 19 UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), nachdem Menschen mit Behinderungen ein Wunsch- und Wahlrecht des Wohn- und Aufenthaltsortes haben.

 

Fazit:

Nur weil RISG jetzt IPReG heißt, hat sich mit dem überarbeiteten Gesetzesentwurf fast nichts geändert. Intensivpflegebedürftigen Menschen soll das Recht auf eine selbstbestimmte Wahl des eigenen Wohnorts weiterhin verwehrt werden. Über ihr Schicksal entscheiden soll vielmehr die Krankenkasse. Im Klartext:

Wenn es zu teuer wird, dann heißt es auch mit IPReG "Ab ins Pflegeheim...!"

 

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn stellt den Grundsatz „ambulant vor stationär“ auch mit IPReG auf den Kopf, um Kosten zu sparen. Das Recht behinderter und pflegebedürftiger Menschen auf Selbstbestimmung scheint ihm dabei offenbar egal zu sein – vor allem das Selbstbestimmungsrecht der vermeintlich schwächsten Gruppe unter den Schwachen, wie das der Wachkomapatienten, die wohl kaum auf eine Positiventscheidung aufgrund ihrer sozialen Teilhabe hoffen dürfen.

 

Fakt ist, jedes Jahr gibt es in Deutschland viele tausend Menschen, die aufgrund verschiedenster Erkrankungen und Schicksalsschläge plötzlich auf Intensivpflege angewiesen sind. Für all diese Menschen muss ein Recht auf Selbstbestimmung, Grundrechte und die UN-BRK gelten.

 

Wir fordern daher den Erhalt der SELBSTBESTIMMUNG FÜR ALLE!

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