GIP News • 08.06.2018

Helden mit Handicap

Mein Erlebnis beim Rollstuhlrugby

Unser Verwaltungs-Mitarbeiter David war am Samstag, den 02. Juni 2018 zu Gast beim Jubiläumsturnier der Berlin Raptors. Er ist begeistert und erstaunt zugleich über den kontaktintensiven Sport. Hier ist sein Erfahrungsbericht.

An einem Samstagmorgen mache ich mich auf den Weg nach Berlin-Köpenick. Es herrscht eine leichte Entspanntheit auf den Straßen Berlins – das Ganze Gegenteil zu den hektischen Wochentagen. Das Jubiläumsturnier der Berlin Raptors steht an. Die Raptors spielen seit 20 Jahren erfolgreich Rollstuhlrugby. Sie haben nationale Titel gewonnen und an vielen internationalen Turnieren teilgenommen. Die Preise und Pokale häufen sich im UKB Mahrzahn. Wir sponsern die Mannschaft seit vielen Jahren und begleiten sie regelmäßig. Da ich schon immer mal live bei einem solchen Event dabei sein wollte, war ich voller Vorfreude und Neugierde auf dem Weg zur Sporthalle auf dem Gelände unlängst der Alten Försterei.

 

Eine kleine Gemeinde

Als ich an der Halle eintreffe, herrscht schon rege Betriebsamkeit. Das Wetter ist schwül und erdrückend. Die Sportler und deren Angehörige aus den verschiedenen Teams tragen und schieben die Ausrüstung für den Rollstuhlrugbysport in die Halle. Ich werde von jedem überaus freundlich begrüßt und helfe, wo ich kann. In der Halle selbst ist schon vieles am Vortag aufgebaut worden. Es erinnert mich ein wenig an ein Basketballspiel nur auf einem geteilten Feld. Mir fällt auf, dass alle hier sehr herzlich miteinander umgehen. Es wirkt wie eine kleine Gemeinde. Man kennt und schätzt sich eben. Es herrscht eine lockere Atmosphäre. Ich treffe Heidi, die gute Seele des Teams. Ich will ihr noch ein paar Fragen stellen. Da gerade noch ein paar organisatorische Dinge zu klären sind, schlägt sie mir vor, das Geschehen von der Tribüne zu beobachten.  

 

Wie bei vielen anderen Sportarten auch

Die meisten Spieler wirken entspannt und fokussiert zugleich. Es laufen die Vorbereitungen auf die ersten Begegnungen. Wie auch bei anderen Sportarten, die einigen Selbstschutz erfordern, präparieren sich die Spieler mit Bandagen, Ellenbogen- und Knieschonern sowie Handschuhen. Jetzt dämmert mir allmählich, warum Rollstuhlrugby auch „Murderball“ (deutsch: Mordball) genannt wird. Um besseren Halt zu haben, werden spezielle Manschetten um die Hüfte der Spieler gelegt. Sie sorgen aber auch dafür, dass sie bei einem härteren Aufprall nicht aus dem Rollstuhl fallen – was durchaus häufiger vorkommt.  

 

Vorbild auch für „Normalos“

Die ersten beiden Spiele des Turniers starten parallel und es fängt unmittelbar an laut zu werden. Ich bin jetzt 37 Jahre alt und war mein bisheriges Leben immer sportlich aktiv. Das, was ich aber unten auf dem Spielfeld sehe, lässt mich nur erahnen, wie anstrengend dieser Sport ist. Es wird gefightet – der Ehrgeiz ist bei den meisten Spielern zu spüren und zu sehen. Gespielt wird mit einem Volleyball der in eine Endzone gebracht werden muss. Berühren darf man den Gegner nicht aber das Rammen und Schieben mit dem Rugbyrollstuhl ist erwünscht – und dies tun die meisten Spieler auch.

Nach einiger Zeit, in der ersten Halbzeit, stoßen zwei Spieler zusammen und einer von ihnen fliegt samt Rollstuhl auf die Seite und überschlägt sich – voller Einsatz. Nach einer kurzen Unterbrechung geht es sofort weiter. Ich denke, die Grundmotivation ist bei vielen beeinträchtigten Sportlern tatsächlich größer. Sie sind disziplinierter, härter gegen sich selbst und zeigen mehr Ehrgeiz. Manch einen muss man sogar bremsen, weil er zur Überbeanspruchung neigt – zu sehen bekam ich dies im letzten Drittel der ersten Halbzeit, als sich ein Spieler völlig verausgabt und regelrecht zum Auswechseln „gezwungen“ werden muss.  

 

Die gute Seele des Teams

Nach dem Ende der ersten Partie treffe ich Heidi unten an der Seite des Spielfelds wieder. Sie ist seit der Vereinsgründung der Raptors dabei. Damals wie heute arbeitet sie für ein Rehatechnik-Unternehmen und macht den technischen Support für die Mannschaft. Viele der hier anwesenden Sportler hat sie seit dem Unfall begleitet und während der Trainingszeiten im UKB in allem unterstützt. „Das Schönste ist wirklich den Heilungsprozess zu sehen. Von der Intensivstation bis zum eigenständigen Leben ist es schon bemerkenswert wie einige dies machen“, sagt sie voller Stolz.

„Der Sport bringt die Menschen wirklich weiter. Der Spaß am Leben, das Leben wieder fühlen, der Teamgeist – alles kommt zurück“, berichtet Heidi aus Erfahrung. Die schönsten Momente waren für sie sicherlich das Kennenlernen mit ihrem jetzigen Mann Micha, der den Verein gegründet hat und der gleichzeitig erster Vorsitzender, Trainer und Spieler bei den Raptors ist. Die Meisterfeiern und Turniersiege waren ebenso emotional. Es gab aber auch traurige Momente. „Wenn wir ein Teammitglied aufgrund von Krankheit verloren haben, war dies natürlich nicht schön. Oder auch ein verlorenes Finale schmerzt am Anfang sehr“, berichtet mir Heidi auf meine Fragen.  

 

Meine persönliche Lernkurve

Ich erlebe an diesem Samstag „Behindertensport“ zum ersten Mal live. Ich kannte dies sonst nur aus dem Fernsehen, bei den Paralympics, z.B. und war dort schon beeindruckt. Mit welchem Ehrgeiz und welcher Professionalität die Spieler selbst dieses Jubiläumsturnier angegangen sind, ist wirklich bemerkenswert. Wenn ich an meine Vereinszeit im Fußball zurückdenke, ist die in vielen Vereinen doch strikte Trennung von Behindertensport und Breitensport meiner Meinung nach in den wenigsten Fällen notwendig. Beide Sportlergruppen könnten immens voneinander profitieren. Zusätzlich stärken inklusive Sportvereine den respektvollen Umgang untereinander.

Als ich mich von Heidi verabschiede, erzählt sie mir noch, dass seitdem sie mit Micha von den Raptors zusammen ist, sie jetzt 120 km am Stück Fahrrad fahren kann – um mit Micha mitzuhalten. 

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